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Ich erzähle euch die Fortsetzung der alten, bekannten Legende von dem Paar, das vor langer Zeit das Glück suchte.
Die beiden hatten in einem alten Buch gelesen, dass es einen Ort gäbe, an dem sich Himmel und Erde berühren. Sie hatten sich aufgemacht, dieses unbeschreibliche Glück zu suchen. Am Ende der Welt sollte dieser Ort tiefen Glücks sein, so sagte man. Also gingen sie endlose Wege gemeinsam, stiegen über steile Höhen und durchwanderten tiefe Täler. Da würden sie ein Tor finden, hatten sie gehört, durch das man schreiten müsse, hinein ins gemeinsame Glück. Sie hatten das Tor erreicht, hatten es klopfenden Herzens geöffnet, waren hindurch geschritten und fanden sich wieder daheim, daheim in ihrem gemeinsamen Zuhause. Das hatten sie gelernt: Das Glück findet man am besten gemeinsam, und es wird größer, desto mehr Höhen man gemeinsam genießt und desto mehr Tiefen man miteinander durchwandert. Das hatte die beiden zusammengeschweißt.
Soweit kennt man die Legende, doch nun geht sie weiter.
Sie sind Seite an Seite durch das Leben gegangen. Das gemeinsame Glück bewahrte sie aber nicht davor, alt zu werden. Sie wussten, dass Lebenszeit begrenzte Zeit ist. Sie spürten schließlich, dass es nicht möglich ist, sich noch einmal auf den Weg zu machen, noch einmal miteinander durch das Tor zu schreiten, noch einmal gemeinsam ganz am Anfang des Glücks zu stehen.
Sie wussten, da wird wieder ein Tor sein, am Ende des Lebens. Einer wird vorangehen. Doch wohin wird dieses Tor führen? Können sich Himmel und Erde wieder berühren? "Es ein Tor in den Frieden", sagten manche. "Es ist ein Tor in die Heimat", ergänzten andere. "Das Tor führt in ewige Ruhe", sagte man ihnen.
"Frieden, gut", sagten sie, "Ruhe, Heimat, schön; doch wir träumen von mehr. Wir sind durch das Leben gemeinsam gegangen, unzertrennlich geworden; ist es nicht möglich, dass Himmel und Erde sich für uns wieder berühren, jenseits des Tores?"
Einer dieser beiden Menschen, die vor langer Zeit miteinander durch das Tor ins Glück gegangen waren, machte sich schließlich noch einmal auf den Weg. Die Legende berichtet nicht, welcher der beiden es war. Doch es war der Weg ans Ende der Zeit, um durch das Tor zu schreiten, zu sehen, was sein wird.
Dem anderen dieser beiden Menschen blieb nur, machtlos, schmerzenden Herzens nachzublicken.
Der Vorangehende stand schließlich vor dem Tor, blickte noch einmal sehnsuchtsvoll zurück, öffnete es und schritt hindurch. Es ist fast so wie damals dachte er noch, wie damals, als wir erstmals durch das Tor schritten. Im selben Augenblick befand er sich im Herzen des Menschen, der mit ihm den langen Weg gegangen war.
Der Mensch, der nachblickte spürte des. Und er merkte, wie auch die Herzen der anderen, die liebevoll trauerten, bebten. Das verband sie. Es hatte jemand in ihren Herzen ein Zuhause gefunden. Es war als ob der Himmel die Erde wieder berührte.
Einer flüsterte: "Das letzte Tor, durch das du gehst am Ende deiner Zeit, ist das Tor in die Herzen derer, die dich lieben."
Es war, als ob der Himmel die Erde erneut berührt.
Text: Frank Maibaum / Aus seinem Buch:
Liebe wird sein, Liebe, was sonst!
Anreichern können Sie diese Geschichte mit Trostsprüchen und Trauersprüchen, die speziell zum Tod von Vater, Mutter, Großvater und Großmutter passen.
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6 Das Geheimnis des Todes
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Wenn zwei Menschen eine lange Wegstrecke gemeinsam durch das Leben gingen und nun einer vorangeht, so eignet sich diese Parabel besonders als moderne Lesung bei der Trauerfeier zur Beerdigung - in der Trauerhalle, Trauerkirche oder am Grab. Auf edles Papier gedruckt ist es auch eine Beigabe zur selbst gebastelten Beileidkarte oder ein kleines 'Mitbringsel' zum Kondolenzbesuch.
Vielfältig kann man eine solche Trostgeschichte benutzen. Man kann Sie in eine Trauerrede
einbeziehen. Sie können eine solche Geschichte aber ebenso einem Beileidschreiben zum Tod einer Mutter beilegen.